"How are y’all doing?"

Sideways im Sunshine State: Wo sich Florida abseits der ausgetretenen Pfade erleben lässt

Manuel Kugler

Leitung Newsdesk

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24.4.2024, 15:10 Uhr
Hier geht‘s zum Strand: In New Smyrna Beach dürfen auch Autos direkt ans Meer fahren.

© Manuel Kugler Hier geht‘s zum Strand: In New Smyrna Beach dürfen auch Autos direkt ans Meer fahren.

Haltet euch bloß an das Speedlimit!, schärft uns Dan Askin noch ein, als wir mit unseren Pedelecs losbrausen. Unser Ziel: der Strand von New Smyrna Beach, Florida. Dort sind nicht nur E-Bikes, sondern selbst Autos erlaubt. Nur wenige Meter von den Badegästen entfernt rollen Pick-up-Trucks den Sand entlang – das hier ist schließlich Amerika. Ein striktes Tempolimit gilt trotzdem: zehn Meilen, also fünfzehn Kilometer pro Stunde, sind maximal erlaubt.

Bloß nicht zu schnell mit dem E-Bike fahren, warnt uns Dan Askin, der Inhaber des Radverleihers Pedego Electric Bikes.

Bloß nicht zu schnell mit dem E-Bike fahren, warnt uns Dan Askin, der Inhaber des Radverleihers Pedego Electric Bikes. © Manuel Kugler

Wer einmal ein wenig mutiger am Gasgriff des elektrischen Pedelec zieht, vergisst die mahnenden Worte, die uns Dan Askin, der Inhaber des Radverleihers Pedego Electric Bikes, noch hinterhergerufen hat, allerdings schnell: Wir fliegen, den Wind in den Haaren, über den Sand, die Ostküste des Sunshine State entlang – und vergessen die "10 mph", die Schilder am Strand anmahnen. Gut für uns: Der Sheriff und seine Kollegen, die hier immer wieder den Strand patrouillieren, sind an diesem Tag nicht zu sehen.

Fast wie Fliegen: mit dem Pedelec den Strand von New Smyrna Beach entlang.

Fast wie Fliegen: mit dem Pedelec den Strand von New Smyrna Beach entlang. © Manuel Kugler

New Smyrna Beach befindet sich auf halber Strecke zwischen Daytona im Norden und Cape Canaveral im Süden, von wo aus die Nasa ihre Raketen ins Weltall schickt. Was für Urlauber aber viel wichtiger ist: Von Orlando aus ist der Strandort in einer guten Stunde mit dem Mietwagen zu erreichen. Orlando wiederum ist per Direktflug mit Frankfurt verbunden.

"Viele Touristen gerade aus Deutschland haben den Wunsch, jenseits der Disney-World-Themenparks von Orlando die Hidden Gems Floridas zu erkunden, ohne allzu weit fahren zu müssen", sagt Erin Cramer, die für Visit Florida, die Tourismusorganisation des Bundesstaates, arbeitet. New Smyrna Beach ist einer dieser im Amerikanischen Hidden Gems, also versteckte Juwelen genannten Geheimtipps.

New Smyrna Beach: Städter, Surfer und Schüler auf Spring Break

Hotels gibt es in New Smyrna Beach nur wenige. Besucher übernachten meist in einem der pastellfarbenen Bungalows, die den 28.000-Einwohner-Ort prägen. Unter ihnen: Städter aus Orlando mit Zweitwohnsitz hier; Surfer, die dem Ruf von New Smyrna als einem der Surf-Spots der USA gefolgt sind; und, im Frühjahr, auch Teenager, die während den Spring Break genannten Schulferien Party machen wollen – auch wenn man letztere und den Lärm, den sie mitbringen, hier eigentlich gar nicht so gerne hat.

Die Shops, die entlang der palmengesäumten Straßen zu finden sind, leben fast alle vom Tourismus, bieten Badekleidung, Surfkurse, Strand-Yoga und Burger an. Wer aber nicht ins erstbeste Lokal stolpert, sondern sich ein wenig umhört, findet auch frischen Fisch und Meeresfrüchte aus der Region.

Zum Beispiel in Norwood‘s Treehouse. Das Restaurant verdankt seinen Namen der Baumhaus-Bar, in der die Cocktails unter Baumkronen ausgeschenkt werden. Drinnen servieren die Kellner Scallops (Kammmuscheln) oder Grouper (Barsch) - je nach Wunsch gegrillt oder "blackened". Letzteres ist charakteristisch für die Südstaaten-Küche: Der Fisch wird in Butter geschwenkt, mit Kräutern und Gewürzen berieselt und in einer heißen Pfanne angeschwärzt.

Amerikas Süden ist anders. Das hat nicht nur mit seiner Küche, seiner Liebe zu Country Music und College Football und ja, auch seiner schwierigen Geschichte zu tun. Sondern mit seinen Menschen und deren Herzlichkeit. Wer stets strahlend mit einem "How are y’all doing?" im Südstaaten-Dialekt begrüßt wird, wer mit fast jedem schnell ins Gespräch kommt, wird sich nicht nur sofort willkommen fühlen - sondern spätestens nach ein paar Tagen zu dem Schluss gelangen, dass das Klischee der Freundlichkeit der Südstaaten-Bewohner eben mehr ist als ein Klischee.

Mit einem Lächeln begrüßen uns auch Emily Dark und Anna-Grace Agnini, die am Ufer der Indian River Lagoon mit einem Motorboot auf uns warten. Gute zwei Stunden sind wir zuvor mit dem Auto die Küste entlang nach Süden gefahren, ins Martin County.

Emily und Kapitän Kirk zeigen uns die Indian River Lagoon im Martin County.

Emily und Kapitän Kirk zeigen uns die Indian River Lagoon im Martin County. © Manuel Kugler

Emily und Anna-Grace arbeiten für den Landkreis und kümmern sich dort um nachhaltigen Tourismus. Sie zeigen uns die Lagune mit ihren Mangroven und Pelikanen; die Fahrt im Motorboot erinnert an Szenen aus dem Bestseller "Der Gesang der Flusskrebse", sogar Delfine bekommen wir zu Gesicht. In Martin County sind sie überzeugt davon, dass der Schutz des einzigartigen Ökosystems sich langfristig für alle auszahlt - die gefährdeten Tierarten ebenso wie die auf Einnahmen von auswärts angewiesene Tourismusregion.

Florida ist teuer - und erfordert ein gewisses Reisebudget

Wo in New Smyrna Beach türkise Holzbungalows stehen, sind im Martin County entlang der Straßen Strandvillen aus weißem Stein errichtet. "Lots of people with lots of money here", viele Leute mit viel Geld leben hier, kommentiert Marie, als sie uns mit ihrem Kleinbus an den Anwesen vorbeifährt. Wir sind auf dem Weg zum House of Refuge, einer der im 19. Jahrhundert erbauten Notunterkünfte für Schiffbrüchige, die einst Floridas Ostküste säumten. Lakonisch schiebt Marie hinterher: Falls jemand Bedarf habe - gerade stehe ein Haus für zwölf Millionen Dollar zum Verkauf.

So viel Geld haben wir nicht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Ohne Geld, ohne ein gut ausgestattetes Reisebudget wird ein Florida-Aufenthalt schwierig. In den Restaurants liegen die Preise um ein gutes Drittel über dem, was man in Deutschland zahlt; ein üppiges Trinkgeld von 20 Prozent für guten Service gehört zum guten Ton. Dazu kommen die Kosten für Mietwagen und Hotel - selbst eine 300-Dollar-pro-Nacht-Unterkunft erfüllt nicht immer die Erwartungen.

Das Hutchinson Shores Resort & Spa, direkt am beinah weißen Strand des Martin County gelegen, erfüllt diese Erwartungen allerdings. Der Ableger der Opal-Hotelkette ist von Meisterhand im maritimen Stil eingerichtet - über der Lobby schweben zwei Segelfische aus blauem Edelstein.

Zwei Segelfische aus Edelsteinen schmücken die Decke der Lobby des Hutchinson Shores Resort & Spa.

Zwei Segelfische aus Edelsteinen schmücken die Decke der Lobby des Hutchinson Shores Resort & Spa. © Manuel Kugler

Ein Herz haben sie dort aber nicht nur für die Gäste. Wer ins Hotel eincheckt, wird gebeten, abends die Vorhänge zuzuziehen - Grund sind die Meeresschildkröten, die unten am Strand brüten und die verstört werden könnten, wenn künstliches Licht die Dunkelheit durchbricht. Die Schildkröten, sie sind so etwas wie das Herzenstier hier unten im Martin County. Autos haben deshalb - jedenfalls an diesem Strand- nichts verloren.

New Smyrna Beach und Martin County sind von Orlando aus gut zu erreichen.

New Smyrna Beach und Martin County sind von Orlando aus gut zu erreichen. © NN-Infografik

Mehr Informationen

Visit Florida www.visitflorida.com Tel.: 001 / 888 735-2872 Anreise: Direktflüge ab Frankfurt nach Orlando Beste Reisezeit: Frühling und Herbst

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